Was rechtfertigt teure Ölwechsel?

25.08.2020 13:05 (zuletzt bearbeitet: 25.08.2020 13:06)
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Ein Ölwechsel in Vertragswerkstätten geht meistens gewaltig ins Geld. Für einen Liter werden dort locker 30 Euro und mehr berechnet. Was steckt da eigentlich Besonderes drin – oder sind günstigere Öle genauso gut?

Rund 45 Millionen Mal im Jahr wird in Deutschland Motorenöl gewechselt. Öl ist ein Milliardengeschäft und ein bedeutender Gewinnbringer für viele Werkstätten. Die lassen sich das schwarze Gold teuer bezahlen. Ein Ärgernis für viele Kunden.

Teure Vertragswerkstätten

Der VW-Sharan von Winfried Herschelmann ist drei Jahre alt und top in Schuss. Service und Ölwechsel lässt er in einer freien Meisterwerkstatt machen. Die Vertragswerkstätten sind ihm zu teuer. 25 bis 30 Euro für einen Liter Öl hält er für völlig überzogen. Bei rund fünf bis sieben Litern pro Wechsel kommt allein schon für das Öl ordentlich was zusammen.

Hohe Anforderungen

Die Autohersteller schreiben für ihre Fahrzeuge ganz bestimmte Öle vor, denn moderne Motoren stellen hohe Anforderungen. Um die Leistung zu verbessern, muss es möglichst dünnflüssig sein. Es muss Verbrennungsrückstände und Metallabrieb auffangen und so den Motor sauber halten. Und es muss auch bei extremer Kälte und Hitze zuverlässig schmieren. Sonst droht der berüchtigte Kolbenfresser.

Qualitätsunterschiede

All diese Anforderungen erfüllt auch das Öl von Kfz-Meister Dieter Brandt. Bei ihm kostet es aber nicht mal halb so viel. Die Kalkulation der Markenwerkstätten kann er nicht nachvollziehen. Sein Öl sei qualitativ das vollkommen identische Öl und von den Herstellern auch freigegeben. Mit seinem Öl könne man ganz beruhigt genauso 30.000 Kilometer fahren, ohne dem Motor zu schaden.

Preisunterschiede

Wir fragen nach. Was macht das originale Öl zum Beispiel bei VW, BMW, Daimler oder Opel so teuer? Konkrete Antworten bekommen wir nicht. VW „orientiert sich … am Niveau vergleichbarer Wettbewerbsprodukte“. BMW empfiehlt „eine gesamthafte Betrachtung von Kosten und Leistung“. Daimler ist überzeugt, dass „Mercedes-Benz original Öle die beste Alternative“ sind und Opel antwortet erst gar nicht.

Hohe Gewinnmargen

Wir besuchen Gunnar Beer vom Auto Club Europa (ACE). Der Ölexperte des ACE ist selbst Kfz-Mechaniker. Er hält die hohen Schmierstoff-Preise der Vertragswerkstätten für stark überzogen. Da seien die Gewinnmargen schon gewaltig. Im Einkauf koste das Öl vielleicht fünf Euro pro Liter.

Streng geheim

Fünf Euro im Einkauf? Stimmt das wirklich? Wir wollen von den Herstellern wissen, was ihre Vertragswerkstätten im Einkauf bezahlen? Eine Anwort bekommen wir aber nicht. Die Zahlen werden gehütet wie ein Staatsgeheimnis.

Milliardengeschäft

Öl ist ein Milliardengeschäft und der Gewinnbringer für viele Werkstätten. Beim Öl lassen sich die Kunden noch ordentlich melken. Im Vergleich zu einem kapitalen Motorschaden ist selbst das teuerste Öl preiswert.

Öl ist einer der wenigen Bereiche, in denen Vertragswerkstätten noch ordentlich verdienen. Im harten Preiskampf sind die Margen im Autoverkauf stark gesunken und die Hersteller stellen hohe Anforderungen an die Präsentation ihrer Neuwagen und die Ausstattung der Vertragswerkstätten. Das muss eben alles auch irgendwie bezahlt werden.

Preiswerte Öle im Handel

Im Fachhandel oder Internet gibt es Öle, die die gleichen Leistungen versprechen, schon unter neun Euro. Der ACE hat erst vor wenigen Monaten eine Auswahl preisgünstiger Öle vom Institut Ölcheck bei Rosenheim testen lassen. Von den deutschen Ölpäpsten werden täglich rund 1500 Proben untersucht.

Öltest

Alle Öle gehörten zur heute weit verbreiteten Klasse 5W30. Der Wert gibt die Fließeigenschaften des Öls an. Die Zahl vor dem W beschreibt die Fähigkeiten bei Kälte, die hinter dem W bei Hitze. Je kleiner die Angabe, desto dünnflüssiger das Öl. Untersucht wurden alle Eigenschaften, die für ein reibungsloses funktionieren im Motor entscheidend sind: also die Fließeigenschaften, die Reinigungsfunktion und die Qualität der Bauteile.

Ergebnis

Alle untersuchten Öle haben sehr gut abgeschnitten. „Man kann sagen, dass diese Schmierstoffe alle in den Motoren zum Einsatz kommen können“, fasst Ölexpert Steffen Bots die Untersuchungsergebnisse zusammen.

Im Detail gab es natürlich Unterschiede bei den Ölen, etwa in ihrer Zusammensetzung. Die Schwankungen blieben aber alle innerhalb der vorgeschriebenen Herstellernormen.

Etikettenschwindel

Wichtig sei es aber, beim Kauf genau auf die Spezifikation des Öls zuachten, denn bei Umschreibungen wie: das Öl übertrifft die Anforderung oder entspricht der Anforderung nach der entsprechenden Norm zum Beispiel von VW, Daimler oder BMW, würden sich die Anbieter die teuren Lizenzgebühren der Hersteller sparen. Bei diesen Ölen gäbe es daher keine Garantie für eine gleichbleibende Qualität. Das sei ein wichtiger Unterschied zu Ölen mit eindeutiger Herstellerfreigabe.

Herstellernorm beachten

Ölexperte Steffen Bots empfiehlt:

»Hier sollte man darauf achten, dass wirklich korrekt formuliert ist. Wenn man Schmierstoffe kauft, die diese entsprechende Freigabe nicht explizit haben, kann es durchaus zu motorischen Problemen kommen. Es kann sein, dass ich Ablagerungen in den Motor bekomme, es kann zum Beispiel sein, dass Turbolader Lager Probleme machen, es kann sein, dass die Abgasnachbehandlungssysteme Probleme bekommen.«

Im Test haben allerdings auch die Öle ohne Herstellerfreigabe gut abgeschnitten. Allerdings ist ein Test bei diesen Ölen eben nur eine Momentaufnahme und keine Garantie für eine dauerhaft gleichbleibende Qualität.

Geld sparen beim Ölwechsel

Grundsätzlich ist es auch erlaubt, sein eigenes Öl zum Wechsel mitzubringen. Man muss sich aber trauen! Welches Öl geeignet ist steht im Betriebshandbuch des Autos. Auch mit einem Ölwechsel oder mit Inspektionen in einer Kfz-Meisterwerkstatt lässt sich in der Regel kräftig sparen.

Garantien bleiben erhalten

Die Angst vor einem Verlust der Garantie ist dabei unbegründet, wenn die Inspektion oder der Ölwechsel nach den Vorgaben des Herstellers durchgeführt wird. Probleme könnte es erst nach Ablauf der Garantie geben. Wer nie in der Vertragswerkstatt war, kann im Ernstfall nur selten auf eine besondere Kulanz des Herstellers hoffen.

https://www.wismet.de/images/ARD_oel_vs_oe.mp4


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